Ehrlich gesagt sind wir doch froh, in Zeiten, in denen begabte Köche wie Superstars hochgejubelt werden und nur kurze Zeit später wieder verschwinden, auf ausgezeichnete und bewährte Restaurants vor unserer Haustüre vertrauen zu können. Solch ein kulinarisches Refugium – das „Vieux Sinzig“ – residiert seit 1979 in der Barbarossastadt Sinzig, dort wo Ahr und Rhein zusammenfließen. Inspiriert vom französischen Starkoch Michel Bras fließen auch in der Küche von Patron Jean-Marie Dumaine zwei verheißungsvolle Dinge zusammen: die französische Kochkunst als handwerkliches Fundament und die Magie wundersamer Kräuter sowie verlorengeglaubter Wildpflanzen als Perfektion seines einzigartigen Stils.

Jean-Marie Dumaine vom Restaurant Vieux Sinzig
Seine Gemahlin Colette empfiehlt sich in ihrer graziösen Art und Weise Mal für Mal aufs Neue als makellose Gastgeberin, während Jean-Marie sein Profil als Virtuose der kreativen Pflanzen- und Kräuterküche schärft. Von den bösen Zungen der Kritiker blieben sie indes nicht verschont, doch der Normanne verfolgte seinen eigenen Stil mit dem Kämpferherz eines d´Artagnan.

Jean-Marie und Colette Dumaine
Auf seinen Streifzügen durch die Wälder des wildromantischen Ahrtals spürte der passionierte Botaniker köstliche Raritäten wie Weinraute, Dost, Pestwurz oder Steinklee auf – und sein treuer Begleiter auf vier Pfoten, Max, sogar echte Trüffel! Wenngleich Dumaine mit dem außergewöhnlichen Fund des Ahrtrüffels, für dessen Erhalt und Fortbestand er einen Verein gründete, berühmt wurde, sind es die Wildkräuter, die er im Innenhof seines Restaurant mit der Liebe und Hingabe eines Vaters aufzieht, die den Geist des „Vieux Sinzig“ prägen.
Ebenso prägend ist seit nunmehr fünf Jahren die Handschrift des überaus talentierten Yoann Hue – Neffe von Colette Dumaine – der unter besagtem Michel Bras binnen kürzester Zeit zum Souschef avancierte und sich damit für höhere Aufgaben empfiehlt. Doch auch er konnte sich dem Zauber des Sinziger Trüffel- und Kräuterparadieses nicht entziehen, dem er sein – zu unserer aller Freude – enormes Können zu Teil werden lässt und seinerseits sein Profil schärft.

Yoann Hue
Eine wahrhaftige Demonstration des Könnens dieses kongenialen Duetts am Herd bietet das eindrucksvolle Menü Nature. Den standesgemäßen Auftakt bildet das Amuse-Gueule – ein erfrischendes Potpourri vom feinen Minzesüppchen, würzigen Stockfisch und einer ausgezeichneten Hirschpastete an Preiselbeeren. Das pikante Ofengemüse mit italienischem Sommer-Trüffel, aromatischen Wildkräutern und Salbei-Vinaigrette, zu dem ein eleganter Müller-Thurgau aus dem Hause Horst Sauer (Franken) kredenzt wurde, markierte den ersten Gang. Der Zweite folgte sogleich und begeisterte dank eines perfekt gegarten Seeteufels, untermalt von einer Walnuss-Tapenade und Safran-Fenchel, und des erfrischend-konträren Tomatensorbets.
Dazu gesellte sich ein kraftvoller, 2010er Weißer Burgunder Johannes K aus dem Weingut Korrell von der Nahe, der sich als idealer Begleiter erwies.
Das zarte Bries vom normannischen Milchkalb mit Waldlakritz Sauce, kross gebratenem, grünen Spargel und Morcheln wurde im Folgenden von dem komplexen 2007er Sauvignon gris des Pfälzer Weingut Knipser angenehm abgerundet. Herrlich saftig kamen die rosa, auf den Punkt gebratenen Rinderfilets mit einem betörenden Duft von Wiesenheu daher, deren Note von dem Heppinger, nach Pilzen und roten Beeren schmeckenden Spätburgunder „P.J.’s Signatur“ (Weingut Burggarten, Ahr) unterstrichen wird. An Weihnachten erinnerte derweilen das bittersüße Schokoladenbiskuit an Himbeersorbet und Pinienkernen, vollendet mit einem Hauch von Tannenspitzen.

Rotweinwanderweg
Wer nach diesem famosen Menü geneigt ist den Abend harmonisch ausklingen zu lassen, dem sei der Rotweinwanderweg vom nahen Bad Bodendorf bis ins ferne Altenahr ans Herz gelegt. Bei einem gemütlichen Spaziergang durch die Reben der Weinterrassen hoch oben über der Ahr lässt sich der Untergang der Sonne, deren letzte Strahlen an diesem Tage im Antlitz der Ahr und den reifenden Trauben funkeln, genießen. Und vielleicht findet sich ja auch ein Trüffel am Wegesrand…
Wem nun das Wasser schon im Munde zusammengelaufen ist, der darf gespannt sein: Das Rezept für den Hauptgang gibt es in den nächsten Tagen hier im Blog!
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